Tag 19
Sapporo lebt mit dem Schnee. Die Kinder lernen schon früh, den Schnee und den Winter in ihr Leben zu integrieren. Und auch die Stadtverwaltung muss dies tun in Anbetracht von bis zu sechs Metern Schnee in einem durchschnittlichen Winter. In den Stadtrandgebieten leisten Räumfahrzeuge ganze Arbeit, in den Innenstadtgebieten gibt es ein interessantes anderes System: An zwölf Stationen wird jede Nacht der von bis zu 300 LKW’s angelieferte Schnee in unterirdische Auffangbehälter gekippt, in denen er durch Wärmezufuhr geschmolzen und vom Sand gereinigt wird und dann als Nutzwasser – zum Beispiel für die Feuerwehr – wieder zur Verfügung steht. Diese Stationen sind für alle zugänglich, das heißt, auch Privatleute können ihren Schnee vor der Haustür dort „entsorgen“. Cool ist, dass ich mir dieses Konzept vor Ort anschauen kann. Aber nur mit Helm, weil die Räume teilweise recht niedrig sind…
Auf dem Rückweg entdecken wir im U-Bahn-Untergeschoss eine kleine Ausstellung zu den Partnerstädten Sapporos, leider ein wenig versteckt, wie ich finde, aber sehr schön gemacht 🙂
Aber hier ist es noch tiefer Winter, drum passt auch unser „Sportprogramm“ sehr gut. Wir besuchen die Okurayama Skiflug Schanze und haben Glück, da gerade ein Juniorenwettkampf stattfindet, dem wir eine Weile zuschauen, bevor wir ins Olympische Wintersport Museum gehen. Und irgendwie kann ich mich gut an die Olympischen Winterspiele 1972 in Sapporo erinnern. Bei uns waren sie ja im gleichen Jahr im Sommer und in der Grundschule haben wir viel dazu gemacht – bis hin zum Zeitungsausschnitte sammeln, weshalb mir das ein oder andere Foto recht vertraut vorkommt. So wie die Stimme von Rosi Mittermaier, die ich plötzlich im Ausstellungsraum höre 🙂
Nachmittags besichtigen wir das Hokkaido Bank Curling Stadium, in dem letztes Jahr die Frauen-Weltmeisterschaften stattgefunden haben, ein Stadium mit einer sehr schönen konzentrierten Atmosphäre, auch architektonisch. Auch wenn es ganz schön kühl in der Halle ist.
Gar nicht kühl, sondern sehr herzlich geht es dann beim Abschiedsabendessen zu. Es wird für alle bestellt und es ist ein sehr geselliger Abend, der mir das Abschiednehmen etwas leichter macht, denn ein wenig wehmütig bin ich dann schon. Mit schönen Erinnerungen bestückt nehme ich den Zug nach Chitose und freue mich auf die nächste Etappe meiner Reise: Tokyo und Kyoto! Die „Dienstzeit“ in Sapporo ist zu Ende, doch ich werde in den nächsten Tagen alles mal sortieren und sicher auch weiterhin viele neue Eindrücke bekommen, über die ich auch weiter berichten werde.
Es war eine sehr bereichernde Zeit und ich kann bereits jetzt sagen, dass ein Austausch in dieser Form wirklich Brücken baut zwischen Ländern und Kulturen. Bei aller Unterschiedlichkeit haben sich immer Anknüpfungspunkte gefunden und ich hoffe sehr, dass die entstandenen Kontakte weiter gepflegt und ausgebaut werden können. Toll finde ich, dass beide Partnerstädte diesen Austausch ermöglicht haben – ein dickes Dankeschön an meine Arbeitgeberin! Mein Besuch reiht sich ein in eine Vielzahl von gegenseitigen Aktivitäten im Rahmen dieser Städtepartnerschaft, die 2012 ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert hat, und ich freue mich darauf, nach meiner Reise über meine Erfahrungen berichten zu können. Sehr herzlich bedanken möchte ich mich hier auch bei Herrn Kudo, der das kulturelle Programm für mich organisiert und mich dabei begleitet hat, Frau Okabe, die das intensive und umfassende schulische Programm koordiniert hat, und bei allen, die die beiden unterstützt haben. Und natürlich bei Ulli Jamitzky, der bei allen Schulbesuchen und beim umfänglichen theoretischen Input den sprachlichen und interkulturellen Übertrag für mich gemacht hat. Durch seine guten Tipps sind meine Wochenenden ebenfalls sehr spannend gewesen! Und nicht zu vergessen auch hier der Austausch zu den vielfältigen Herausforderungen des Lebens – also interdisziplinärer Austausch im besten Sinne 🙂
Sayonara! Oder besser: Mata ne!